Gedenkstätte Zwangsarbeit in Leipzig - Egbert Jan Beumkes

Egbert Jan Beumkes (1922-2001)

Egbert Jan Beumkes wurde am 11. Juli 1922 im niederländischen Brummen geboren. Er arbeitete in einer Papierfabrik im nahe gelegenen Ort Loenen, als die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 die Niederlande besetzte.

Die deutschen Behörden versuchten zunächst, niederländische Arbeiter:innen für die deutsche Wirtschaft anzuwerben, oft unter falschen Versprechungen und mit wenig Erfolg. Ab 1941 konnten niederländische Arbeitslose dienstverpflichtet werden, ab 1942 erhöhten die Besatzungsbehörden den Druck. So mussten niederländische Unternehmen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Beschäftigten für den „Reichseinsatz“ - also zur Zwangsarbeit - abgeben.

Im Sommer 1942 wurde in der Papierfabrik in Loenen eine Liste mit Namen von Arbeitern ausgehängt, die nach Deutschland gehen sollten. Unter ihnen waren auch der Papierarbeiter Egbert Jan Beumkes und 16 seiner Kollegen: sein Bruder Anton Beumkes sowie Gerrit-Jan Jochems, Willem van Burgh, Gerrit Modderkolk, Jan Put, Jacob van de Spreng und Marten Wilbrink. Von der Fabrik wurden sie mit einem LKW zum Bahnhof gebracht, von dort mit dem Zug nach Leipzig. Hier wurden sie zur Zwangsarbeit bei der Hugo-Schneider-Aktiengesellschaft (HASAG) eingesetzt, dem größten Rüstungsbetrieb Sachsens im Nord-Osten der Stadt.

Sie waren im „Holländerlager Amstel“ direkt auf dem Fabrikgelände untergebracht und arbeiteten 60 Stunden in der Woche in der Produktion von Munition und Panzerfäusten. In einem sehr geringen Umfang hatten sie auch Freizeit, zumindest noch in den ersten Kriegsjahren. Die Zeit, die ihnen als Erholung zur Verfügung stand, war aber eingeschränkt, kontrolliert und reglementiert. Wie die Freizeitgestaltung aussehen konnte, war abhängig vom Status des/der Zwangsarbeiter_in. Während Zwangsarbeiter:innen aus Westeuropa sich unbewacht auch außerhalb der Lager bewegen konnten, war dies den Deportierten aus Osteuropa nur äußerst selten möglich. Gegen Ende des Krieges verschlechterte sich die Situation der niederländischen zivilen Zwangsarbeiter:innen jedoch erheblich, sie erhielten weniger Essen und mussten noch mehr arbeiten. Im Mai 1945 kehrten Egbert Jan Beumkes und die anderen Niederländer:innen nach Hause zurück.

Nach seiner Rückkehr in die Niederlande musste Egbert Jan Beumkes, der durch die Zwangsarbeit geschwächt und krank geworden war, bis 1947 im Krankenhaus behandelt werden. Bis 1980 arbeitete er als Produktionsleiter in der Papierfabrik.

Er starb im Jahr 2001.

Egbert Jan Beumkes hat seinem Sohn Stef Beumkes ausführlich über die Zwangsarbeit bei der HASAG und das Leben im Lager „Amstel“ berichtet. Dieser sucht seit einigen Jahren nach weiteren ehemaligen HASAG-Zwangsarbeiter:innen sowie Fotografien und Dokumenten. Stef Beumkes hat mehrere ehemalige Zwangsarbeiter in den Niederlanden ausfindig gemacht und den Kontakt zur Gedenkstätte hergestellt. Aus diesen Recherchen und zahlreichen Zeitzeugeninterviews ist 2014 in enger Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig das Buch „Und dann weinte er ... Auf den Spuren unserer Vorfahren“ entstanden. 2016 erschien eine Neuauflage in niederländischer Sprache mit dem Titel "Vraag mij niet!".

Bei Besuchen von Stef Beumkes und anderen Angehörigen der „Loenense Jongens“ haben diese der Gedenkstätte wertvolle historische Gegenstände und Dokumente übergeben. Darunter sind der Fotoapparat und das Fotoalbum von Gerrit-Jan Jochems, welches Fotografien aus der HASAG und dem Lager „Amstel“ enthält, sowie das Tagebuch von Jan Put. Diese Materialien ermöglichen ein Bild der Zwangsarbeit bei der HASAG aus der Sicht der niederländischen zivilen Zwangsarbeiter.

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